Am 6. April wird im Ritterhaus Bubikon die Sonderausstellung „Reichtum und Armut – damals und heute“ eröffnet. Noemi Bearth, Museumsleiterin des Ritterhauses Bubikon erzählt, welche Themen Sie bei dieser neuen Ausstellung erwarten dürfen. – Blogeintrag von Jeannine Susanne Pfister
Die Sonderausstellung behandelt Armut und Reichtum im europäischen Hoch- und Spätmittelalter wie auch im heutigen Europa. Die mittelalterliche Gesellschaft lässt sich in drei Stände einteilen: die Geistlichen, die Adligen und das Volk. Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass das untere Stockwerk den niedrigsten Stand, also das Volk, mit besonderem Augenmerk auf dem Bauerntum, repräsentiert und das obere die höheren Schichten der Gesellschaft zu dieser Zeit, den Klerus und den Adel. So wird das Ständesystem des Mittelalters in der Architektur der Ausstellung reflektiert.
Markenartikel: Mehr als ein Trend
Aber was lassen sich für Parallelen und Unterschiede zwischen damals und heute erkennen? Um diese Frage zu beantworten, werden mittelalterliche Objekte mit ähnlichen Dingen aus der heutigen Zeit verglichen. Detailreich kann aufgezeigt werden, wie die Wertgegenstände von damals und heute unterschiedlich aussahen. Aber nicht das Aussehen der Objekte alleine steht im Zentrum. Die Ausstellung will zeigen, wie damals und heute Reichtum inszeniert wurde. Die modernen Markenartikel zum Beispiel sollen bei den Besucher:innen ein Aha-Erlebnis auslösen.
Was die Leute von damals also mit uns verbindet, sind (unter anderem): Luxusobjekte, mit denen Reichtum zelebriert werden kann. Beispielsweise waren Schnabelschuhe damals trendy. Um den Vergleich zu heute aufzuzeigen, werden diese Schuhe in der Ausstellung einem teuren Sneaker aus der heutigen Zeit gegenübergestellt. Mit solch teuren Schuhen wurde damals die Zugehörigkeit zum Adel angezeigt und wird auch heute noch ein gewisser Reichtum nach aussen getragen.
Die Ausstellung analysiert auch das wohl wichtigste Merkmal von Reichtum überhaupt: das Geld. Das Zürcher Münzwesen im Mittelalter wird erklärt und es werden gleichzeitig auch Stücke aus der Münzsammlung Hotz gezeigt, die sich aus mehreren Hundert Münzen des Johanniter- und Malteserordens zusammensetzt. Zudem wird die Frage gestellt: Was ist Geld heute? Da kommt auch die Währung Bitcoin ins Spiel. Nach dem Ausstellungsrundgang kann aus einem Rohling selber eine mittelalterliche Münze, ein sogenannter Kolbenkreuzpfennig, geschlagen werden.
Obschon sich in der Inszenierung von Luxus viele Parallelen finden lassen, so ist die Perspektive der Menschen aus damaliger Zeit auf den Reichtum oder die Armut eine komplett andere als heute. Ein wichtiger Grund dafür ist im christlichen Glauben zu finden, der im Mittelalter zentral war. Dieser hat massgeblich die Sichtweise der Leute beeinflusst. So herrschte teilweise der Glaube vor, dass alles im Leben von Gott bestimmt war. Wurde also jemand in Armut geboren, so verstand man dies als Wille Gottes. Dies zeigt auf, dass Armut ganz anders gedeutet wurde als heute, denn heutzutage ist diese religiöse Dimension viel schwächer. Dass es Armut in der Schweiz ungeachtet dessen heute noch gibt, zeigen die Informationen, die in Zusammenarbeit mit Caritas Zürich in der Ausstellung zu finden sind.
Spiele als Distinktionsmerkmal
Gesellschaftliche Spiele waren im Mittelalter ebenfalls ein Medium, mit dem Reichtum nach aussen gezeigt werden konnte. Beispielsweise war die Teilnahme an Ritterturnieren nur den wohlhabendsten Leuten in Europa möglich, da die Ausrüstung und das Pferd unglaublich teuer waren. Auch heute gibt es verschiedene Sportarten (z.B. Formel-1-Rennen), welche hohe Kosten generieren und deshalb fast nur von Menschen aus gut betuchten Verhältnissen ausgeübt werden.
Im Mittelalter spielten Männer und Frauen gemeinsam Spiele. Was wichtig war, war nicht das Geschlecht, sondern der Stand. So spielten die Kleriker wie auch die Adligen Schach – aber einfach unter sich, wie der Kulturhistoriker Dr. Michael Conrad im Ausstellungsvideo „Wer spielt mit wem?“ genau erläutert. Ein Spiel, welches in den unteren Gesellschaftsschichten gespielt wurde, war das sogenannte Knochenspiel. Bäuerliche Familien spielten dieses gerne und Sie haben bei uns im Rahmen der Ausstellung ebenfalls die Möglichkeit, dieses schöne Spiel kennenzulernen.
Mitmachen und Mitdenken sind gefragt
Um die Interaktion mit diesen Themen anzuregen, haben die Ausstellungskuratorinnen, Noemi Bearth und Florence Anliker, auch verschiedene Stationen aufgebaut, bei welchen eigene Werte hinterfragt werden. So wird beispielsweise gefragt: Was ist eigentlich arm oder reich für mich? Macht Geld glücklich? Ist finanzieller Reichtum das Resultat von harter Arbeit?
Ein Highlight für Klein und Gross sind sicherlich die Chatbots, designt und programmiert von zwei Studierenden im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule Luzern (HSLU), Rahel Tonini und Tim Hochuli. Mit Hilfe der sogenannten „PastPhones“ kann mit Vertreter:innen der drei mittelalterlichen Stände kommuniziert werden. Darunter Kim, das Bauernkind aus Bubikon, die Äbtissin Elisabeth von Wetzikon und Ritter Hiltbolt von Schwangau!
Um die heutige Perspektive auf das Thema abzubilden, wurden auch zwei partizipative Projekte durchgeführt. Die wundervollen Objekte, die eine Schulklasse aus Bubikon zur Frage „Was ist wertvoll?“ gestaltet hat, bereichern den Ausstellungsraum und Videointerviews zeigen unterschiedliche Meinungen und Positionen rund um die Themen „Reichtum“ und „Armut“. An dieser Stelle möchten wir auch allen Mitwirkenden herzlich für die tolle Zusammenarbeit danken.
Nun sind Sie dran: Was ist von Wert für Sie? Spätestens nach dem Besuch unserer Ausstellung, welche vom 6. April bis zum 31. Oktober im Ritterhaus Bubikon zu sehen und erleben ist, werden Sie diese Frage sicherlich beantworten können.